"Ich muss gar nix... oder doch??"
"Der größte Beitrag zum Frieden ist,
in uns selbst Frieden zu machen."
Marshall B. Rosenberg
Als ich anfing mich mit der Gewaltfreien Kommunikation nach Marshall B. Rosenberg zu befassen und das erste Mal davon hörte "Wir müssen gar nichts.", spürte ich einen wirklich starken Widerstand in mir. "So ein Quatsch! Natürlich müssen wir Dinge tun, uns so und so verhalten usw." dachte ich.
"Alles, was ein Mensch jemals tut, ist ein Versuch, sich mindestens ein Bedürfnis zu erfüllen." Marshall B. Rosenberg
In einer der Bücher von Rosenberg lass ich von einer Gesprächsrunde, bei der Marshall B. Rosenberg vor mehreren Mensch genau über das Thema sprach. Eine Lehrerin meldete sich und sagte, dass sie Noten geben MÜSSE, weil das ja von der Schule verlangt und vom Schulsystem wird. Sie erfülle sich dabei kein Bedürfnis! Marshall B. Rosenberg sagte "Sie müsse gar nichts. Die Frage lautet: "
"Was erfüllst du dir, indem du Noten gibst?"
Es wurde ein Erforschen der beiden, warum die Lehrerin Noten gab, obwohl es bestimmten Werten von ihr widersprach.
Was denkst du? Welches Bedürfnis oder mehrere erfüllt sich diese Lehrerin, damit an dieser Schule zu arbeiten und Noten zu geben, obwohl sie sich damit nicht wohl fühlte?
Egal was du tust, du erfüllst dir jederzeit Bedürfnisse. Das kling in unseren Ohren absolut verkehrt, wo uns doch im Alltag tagtäglich MÜSSEN begegnet.
Ich muss früh aufstehen, weil ich zur Arbeit muss.
Ich muss mich an die Geschwindigkeitsbegrenzung halten.
Ich muss abends früh ins Bett gehen.
Ich muss jetzt die Spülmaschine ausräumen.
Ich muss heute einkaufen.
Ich muss meinen Kindern ein Pausenbrot schmieren.
Ich muss 3x am Tag etwas essen.
Ich muss heute noch waschen.
Ich muss die Küche aufräumen.
Ich muss meine Kinder zum turnen fahren.
Ich muss alle E-Mails beantworten.
Ich muss drei Wochen vor dem Abgabetermin anfangen.
Ich muss zur Weihnachtsfeier.
Ich muss meine Eltern zu Weihnachten einladen. Das war schon immer so.
...
Welches müssen fällt dir ein? Was denkst du, was du musst?
Ich kenne einen Spruch, der heißt: "Der Tag kann Spuren von Müssen enthalten."
Wenn du denkst, du musst ...., dann formuliere das müssen um in:
"Ich entscheide mich zu tun, weil ich mir das Bedürfnis(se) xy erfülle."
und es wird leichter, weil du zum einen Verantwortung für dein Tun oder Nicht-Tun übernimmst und weil du merkst, dass dir das früher genannte Müssen, dir sogar etwas erfüllt.
Müssen (zu sagen/denken) bedeutet ja auch irgendwie, dass wir uns von außen bestimmen lassen, oder?
Wollen wir das? Meistens wohl eher nicht.
Müssen bedeutet, wir geben die Verantwortung ab. Jemand ist Schuld, dass wir müssen. Man muss...
Wer ist man? Woher kommt das Müssen-Manschgerl, dass uns sagt: Du musst aber!!
Ich kenne das Müssen-Manschgerl gut. Ich stelle mir gerade vor, wie es auf meiner Schulter sitzt und mit winkenden Zeigefinger auf mich deutend sagt: "Silviaaaaa, du musst jetzt aber..."
Irgendwie auch süß dieses Manschgerl. Ich glaube dieses Manschgerl kann lernen liebevoll zu kommunizieren, z.B. in der Gewaltfreien Kommunikation:
"Silvia, du hast dich gerade entschieden, die Spülmaschine auszuräumen, weil es dir wichtig ist, dass es erledigt ist (Bedürfnis: damit erfüllt sich z.B. Entlastung), weil du wenn du heute Abend heimkommst, nicht noch aufräumen, sondern den Abend genießen möchtest."
Oh ja, wenn ich das lese/höre spüre ich, wie ich mich entspanne und erleichtert bin, weil mir Entspannung am Abend wirklich wichtig ist.
"Ich muss..." versus "Ich entscheide .... "
Ich muss für früh aufstehen, weil ich zur Arbeit muss.
Ich muss abends früh ins Bett gehen.
Ich muss heute einkaufen.
Ich muss meinen Kindern ein Pausenbrot schmieren.
.
Ich muss heute noch waschen.
Ich muss meine Kinder zum Turnen fahren.
Ich muss drei Wochen vor dem Abgabetermin anfangen.
Ich entscheide mich dafür, früh aufzustehen, weil mir Ruhe am Morgen und Pünktlichkeit wichtig ist.
Ich entscheide mich früh ins Bett zu gehen, weil ich dann am Morgen mehr Energie habe.
Ich entscheide mich heute einzukaufen, weil ich dann einfach entscheiden kann, was ich koche und mir Fürsorge/gesunde Ernährung wichtig ist
Ich entscheide mich meinen Kindern Pausenbrote zu schmieren, weil mir gesunde Ernährung und Fürsorge wichtig ist.
Ich entscheide mich heute zu waschen, weil ich dann die nächsten Tage Auswahl an Klamotten habe.
Ich entscheide mich meine Kinder zum Turnen zu fahren, weil ich dadurch beitragen kann, dass sie ihre Freunde sehen und mir ihre körperliche Gesundheit am Herzen liegt.
Ich entscheide mich drei Wochen vor dem Abgabetermin anzufangen, weil mir die Balance zwischen Arbeit und Entspannung wichtig ist, ich mich wohler fühle außerdem arbeite ich dann effektiv.
Konntest du dich in der ein oder anderen Aussage wiederfinden?
Wenn nicht, dann nutze einfach dein MUSS:
Ich muss xy ... ersetze es mit:
"Ich entscheide mich xy zu tun,
weil es mir ..... (Bedürfnis) erfüllt. /
weil mir .... (Bedürfnis) wichtig ist/am Herzen liegt. /
weil ich ... (Bedürfnis) brauche."
Du findest hier eine Bedürfnisliste: Bedürfnisse .
Sie kann dich unterstützen, deine Bedürfnisse zu finden, um die es dir geht.
Da gibt es ja noch ein anderes müssen, gell.
Ich liege auf dem Sofa und denke mir: "Eigentlich müsste ich jetzt xy tun..."
Ich kann stattdessen abwägen zwischen, was es mir erfüllt, wenn ich jetzt xy mache und
was erfülle ich mir jetzt gerade, wenn ich auf dem Sofa liege?
Ich liege auf dem Sofa, weil ich gerade z.B. Erholung brauche.
Du liegst öfter auf dem Sofa und das stört dich?
Das Sofa-Liegen ist genau genommen eine Strategie. In dem Fall eine Strategie um mir mein Bedürfnis nach Erholung zu erfüllen. Das ist in Ordnung und gleichzeitig ist es EINE (von vielen Strategien) sich via Sofa Erholung zu erfüllen. Du kannst dir die Frage stellen:
Wie kann ich mir mein Bedürfnis nach Erholung (Bedürfnis) noch erfüllen?
Ach ja: was ist jetzt eigentlich mit der Lehrerin, der es widerstrebt Noten zu geben und sie tut es trotzdem?
Bist du auf ein oder mehr Bedürfnisse gekommen, warum sie trotzdem Noten gibt?
Die Lehrerin entscheidet sich Noten zu geben, weil sie sich das Bedürfnis nach ... erfüllt.
Bei der Lehrerin kam heraus, dass sie diesen Job in der Schule brauchte, weil ihr finanzielle Sicherheit wichtig ist und im Moment es keinen andere Möglichkeit gab, als an dieser Schule zu arbeiten.
"Ich entscheide mich an dieser Schule zu arbeiten und auch Noten zu geben, weil mir das finanzielle Sicherheit erfüllt."
Der Preis etwas zu verändern war in dem Moment (noch) zu hoch, als dass sie dieses ihr wichtige Bedürfnis nach finanzielle Sicherheit riskierte.
Was hast du für Gedanken, nachdem du meinen Blogbeitrag gelesen hast?
Schreib mir gerne: Mail an Silvia Abeltshauser
Das Wort - Müssen - oder auch Wörter wie - Sollen - im Sprachgebrauch und im Gedankengebrauch wegzulassen und zu verändern ist wirklich nicht leicht.
Ich übe mich immer wieder darin und stelle fest, dass diese Wörter tief in mir verankert sind. Gleichzeitig merke ich, wie es mich entlastet, wenn ich statt "Ich muss...",
"Ich entscheide mich xx zu tun, weil mir xy (Bedürfnis) wichtig ist" sage bzw. denke.
Probiere es mal aus, vielleicht geht es dir ja genauso, wie mir.
Herzliche Grüße
Silvia
